Ausgewählter Beitrag

Die Strassenlaterne

Wohin Gedanken spazieren gehen können.

Bevor ich gestern ins Bett ging, sass ich noch an der offenen Balkontüre und rauchte noch ein Zigarettchen. Es regnete in Strömen. Unten auf der Strasse wurde es langsam ruhiger. Ganz still wird es nie, denn in der Nähe befindet sich eine Autobahnauffahrt, gegenüber eine Tankstelle und irgendwo, ein paar Strassen weiter, ein Krankenhaus.

Ein paar Meter vom Haus entfernt, steht eine Strassenlaterne und in ihrem Schein konnte ich die Regentropfen deutlich erkennen. Sie wirkten richtig eilig und geschäftig, so als wollten sie keine Zeit verlieren, endlich auf dem Erdboden anzukommen. Eine Weile verlor ich mich im fallenden Regen. Das Blinken und Glitzern der Regentropfen wirkte hypnotisierend.

Ich stellte mir vor, diese Strassenlaterne zu sein, die sehr traurig aussah, in diesem Moment.

Ihr Gesicht leuchtete matt und neigte sich der Strasse zu - gebeugt von ihrem traurigen Dasein? Der Regen prasselte immer weiter auf ihren metallenen Kopf. Sie zitterte förmlich unter der Wucht und Menge, der aufprallenden Tropfen. Der aufgekommene Wind zerrte sie hin und her und ich hatte fast das Gefühl, als ob sie weinte.

In Gedanken schickte ich ihr ein paar aufmunternde Worte: 

Wie wichtig so eine Strassenlaterne ist. Wenn es sie nicht gäbe und es vollkommen dunkel wäre- wieviele Gefahren auf den Strassen lauern würden. Fussgänger, die sich in ihrem Schein gut aufgehoben und sicher fühlen. Autofahrer, die mehr sehen, weil es sie gibt. Selbst die Mücken und Fliegen, in den Sommernächten, würden ihr Licht vermissen. Verliebte Pärchen, die sich unter ihr küssen, weil es unter ihr so besonders romantisch ist.

Fraglich ist, ob meine Worte geholfen haben. Ich dachte weiter über die Strassenlaterne nach. Mir fielen die heissen Sommertage ein; der Lärm; die Sehnsucht nach Ruhe; Sturm und Wind; Regen und Schnee; Autos, die dagegen fahren; Hunde, die sie anpinkeln; Menschen, die dagegen laufen und sie dann auch noch beschimpfen, weil sie dort steht.......

Keine sonderlich schönen Gedanken, kein besonders gutes Gefühl. Wenn so eine Strassenlaterne Gefühle hätte und sprechen könnte, was würde sie wohl zu sagen haben?

Würde sie ihren Sinn oder eher die Unbilden sehen und davon erzählen?

Beatrice 12.12.2003, 18.21

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Kommentare zu diesem Beitrag

5. von Andrea

Ach, Bea, welch wunderschöne Gedanken. Ich liebe es, so zu philosophieren ... und du hast das in eine wunderschöne kleine Geschichte geformt. Gefällt mir ganz sehr :-)))))

Ich denke, es geht den Menschen wie den Laternen. Man steht mitten im Leben, sieht viele schöne Dinge und manchmal kriegts man halt voll ab ;-)))

Knuddi,
Andrea

vom 13.12.2003, 18.20
Antwort von Beatrice:

Huhuu Andrea - danke für dein Lob - bin auch der Meinung, dass es vielen Menschen, oder noch besser, es einem immer wieder mal so geht, wie meiner Laterne...


Ich wünsch dir einen schönen dritten Advent und Knuddi zurück,
Bea


4. von Ingi

Schön geschrieben und übertragbar. Manchmal komm' ich mir auch wie eine Straßenlaterne vor: ich geb' mir alle Mühe und bin nützlich, aber man kann es nicht jedem Recht machen und manchmal wird man sogar angepinkelt. (alles beruflich gemeint)

vom 13.12.2003, 15.53
3. von Helga

Hallo Bea, schön hast du das erzählt und deine Gedanken beschrieben.

Überhaupt ist es schön die Gedanken so wandern lassen zu können. Sollte man viel öfter tun, aber ...

Liebe Grüße, Helga

vom 13.12.2003, 14.06
Antwort von Beatrice:

Hallo Helga, ja, so ein Gedankenspaziergang ist schon etwas besonderes und wie du schon schreibst - wir tuns wohl viel zu selten...


liebe Grüsse an dich, Bea


2. von Ela

Guten Morgen liebe Bea,

diese Gedanken kenne ich auch, aber bei mir war es ein Baum.

Sei lieb gegrüßt
Ela

vom 13.12.2003, 10.51
Antwort von Beatrice:

Guten Morgen, Ela


... ich denke, dass man solche Gedanken auf sehr viele Dinge umlegen kann, gell? ... und gut, dass es die Gedanken dazu gibt :-)


Lieben Gruß an dich, Bea


1. von schokolade

Deine Gedanken sind einzigartig. Hab mir alles vorgestellt, die Strasse, die Tankestelle, das Regen, das weiche Licht...na ja. Das kann traurig machen, aber manchmal kann auch schoen sein. Jedes Mal schaue ich an Regen, es gibt mir Ruhe....Stille...und meine Gedanken gehen weg...allein...manchmal kommen wieder, manchmal nicht. Gluecklicherweise kommt immer die Sonne zu scheinen. Es waere aber kein Leben, wenn es nie regnen wuerde.
*pralinedalasse*
Schokomanu

vom 12.12.2003, 19.16
Antwort von Beatrice:

Liebe Schoko,


es freut mich, dass du die Bilder sehen konntest :-)
Mir geht es ebenso, wie dir - ich mag den Regen auch und ich schaue ihm auch gerne zu... es gehört halt beides zum Leben, die Sonne und auch der Regen... gell?


Lieben Gruß an dich, Bea


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